Teil 1Teil 2Teil 3Teil 4
1. Asylrecht
Das Recht auf Asyl für politisch Verfolgte ist in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, im Grundgesetz (GG) Artikel 16a, als Grundrecht definiert. Als politisch Verfolgte gelten Menschen, die im Falle der Rückkehr in ihr Herkunftsland schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wären. Droht ihnen in ihrem Herkunftsland die Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, haben sie ein Recht auf Asyl.

Neben der nationalen Regelung in der deutschen Verfassung ist die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28.07.1951 (GFK) maßgeblich für den internationalen Schutz von Flüchtlingen. Die GFK definiert den Begriff „Flüchtling“ und regelt seine Rechtsstellung im Aufnahmeland. Ihre Ausarbeitung und Unterzeichnung erfolgte aus der Nachkriegssituation in Europa und wurde von 86 Ländern unterzeichnet. Die Bundesrepublik unterzeichnete im Jahr 1953. Die GFK regelt die Rechtsstellung von Flüchtlingen im Asyl, überlässt es aber den unterzeichnenden Staaten, festzulegen, ob ein um Asyl nachsuchender Mensch diese festgelegten Rechte in Anspruch nehmen darf oder nicht.

In der Bundesrepublik ist die Rechtsstellung beider Gruppen, also sowohl der politisch Verfolgten nach GG Art. 16a als auch der Flüchtlinge nach der GFK im Asylgesetz (AsylG) geregelt.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüft in einem Asylverfahren die Flüchtlingseigenschaft des Asylbewerbers. Die Flüchtlingseigenschaft ist ein formeller Status, der die Anerkennung als Flüchtling festlegt. Zu den schutz- und bleibeberechtigten Personen gehören folgende Personengruppen:

Bei negativem Bescheid führt das Asylverfahren zur Ausreisepflicht oder zur vorübergehenden Duldung.

Kein Recht auf Asyl haben Menschen, die vor Notsituationen wie Armut, Naturkatastrophen oder drohender Verelendung und Perspektivlosigkeit ihr Herkunftsland verlassen haben.

Ebenfalls kein Asylrecht haben Personen, die Kriegsverbrechen oder schwere nichtpolitische Straftaten außerhalb des Bundesgebiets begangen haben, den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt haben, als Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen sind oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeuten.

2. Kategorien von Flüchtlingen
Politisch Verfolgte nach Art. 16a GG

Ausgeschlossen davon sind politisch verfolgte Flüchtlinge, die über einen sicheren Drittstaat eingereist sind, weil dort bereits ein Asylantrag gestellt werden könnte (siehe Dublinverfahren). Zu den sicheren Drittstaaten gehören alle EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und die Schweiz. Daher ist eine Anerkennung nach Art. 16a GG eher selten, da lediglich Einreisen auf dem Luftweg, die nicht aus einem sicheren Drittstaat erfolgen dürfen, zu einer Anerkennung führen können. Die Anerkennungsqoute liegt derzeit bei ca. nur einem Prozent.

Verfolgte gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention

Nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) darf eine Schutz suchende Person „darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist.“ (§ 60 Abs. 1 AufenthG). Die Quote der positiven Entscheidungen des Bundesamtes für diese Gruppe betrug in den letzten Jahren zwischen 15 und 35 Prozent.

Subsidiär Schutzberechtigte nach § 4 AsylG

Wird durch das Bundesamt keine Asylberechtigung oder Flüchtlingseigenschaft festgestellt, werden die möglichen Konsequenzen bei der Rückkehr in das Herkunftsland überprüft. Flüchtlinge, denen bei Abschiebung ein ernsthafter Schaden drohen würde, wie Todesstrafe, Folter, unmenschliche Behandlung oder eine Lebensbedrohung im Rahmen bewaffneter Konflikte, gelten als subsidiär schutzberechtigt. Sie erhalten bei Anerkennung eine Aufenthaltsgenehmigung von einem Jahr, die anschließend verlängert werden kann.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF)

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gelten in Deutschland als minderjährig. Reisen sie ohne Begleitung eines verantwortlichen Erwachsenen ein, werden sie als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bezeichnet. Sie werden zunächst vom zuständigen Jugendamt in Obhut genommen. Da Minderjährige juristisch nicht handlungsfähig sind, wird ein Vormund bestellt, der die Angelegenheiten im Interesse des Minderjährigen stellvertretend regelt. Das Jugendamt sorgt für eine Unterbringung bei Verwandten, in Pflegefamilien oder in geeigneten Einrichtungen, wie den sogenannten Clearinghäuser, die auf die Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen spezialisiert sind. Auch sogenannte Fluchtgemeinschaften, also Freundschaften, die auf der Flucht entstanden sind und keine familiäre Grundlage haben, werden berücksichtigt. Oberstes Ziel ist immer das Kindeswohl und die Familienzusammenführung.

Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive

Die Formulierung ‚Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive‘ stammt aus der politischen Debatte. Es gibt keine gesetzliche Regelung für diese Kategorie. Das BAMF legt halbjährlich die Schutzquote in Prozent für die Herkunftsländer fest. Sie spiegelt das Verhältnis der anerkannten Asylberechtigungen zur Gesamtzahl aller gestellten Anträge des jeweiligen Herkunftslandes. Liegt diese Schutzqoute über 50 Prozent, haben die Flüchtlinge aus diesen Ländern eine gute Bleibeperspektive. Liegt sie darunter, haben die Flüchtlinge eine schlechte Bleibeperspektive. 2016 lag die Schutzquote für die Herkunftsländer Eritrea, Irak, Iran, Syrien und Somalia über 50 Prozent. Das Kriterium einer guten Bleibeperspektive gilt nur für Personen mit einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylG. Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive sollen möglichst schnell in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integriert werden und erhalten Zugang zu den Integrationskursen.

Kontingentflüchtlinge

Kontingentflüchtlinge sind Flüchtlinge aus Krisenregionen, die im Rahmen internationaler humanitärer Hilfsaktionen in festgelegter Anzahl (Kontingent) aufgenommen werden. Sie müssen kein Asylverfahren durchlaufen und erhalten sofort eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Sie haben kein Recht auf freie Wohnortwahl, sondern werden im Bundesgebiet verteilt.

Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern und EU-Mitgliedsstaaten

Zurzeit gelten in Deutschland die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, die ehemalige jugoslawische Republik, Montenegro, Senegal und Serbien als sichere Herkunftsländer. Flüchtlinge aus diesen Ländern können dennoch einen Asylantrag stellen. Im Unterschied zu den sicheren Drittstaaten können hier im individuellen Einzelfall dennoch lebensbedrohliche Menschenrechtsverletzungen gegeben sein, die eine positive Entscheidung bewirken.

3. Ablauf der Einwanderung, beteiligte Behörden und Dokumente
Das BAMF bietet im Flyer Erstorientierung für Asylsuchende eine Kurzübersicht mit den wichtigsten Stationen, die ein Asylsuchender unbedingt durchlaufen muss. Das Dokument steht in mehreren Sprachen zur Verfügung.

3.1 Einreise – Meldung als Asylsuchender (BÜMA)
Unverzüglich nach ihrer Einreise müssen sich die Flüchtlinge bei einer staatlichen Stelle als Asylsuchende melden. Zuständige Stellen sind die Grenzbehörden, Polizeidienststellen, Ausländerbehörde und Aufnahmeeinrichtungen. Sie werden dann mit ihren persönlichen Daten, Lichtbild und Fingerabdrücken erkennungsdienstlich erfasst. Das Bundeskriminalamt (BKA) wertet die Fingerabdrücke der Asylsuchenden aus und prüft, ob bereits früher ein Asylantrag innerhalb der EU gestellt wurde oder bereits polizeiliche Ermittlungen vorliegen. Anschließend erhalten die Asylsuchenden eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BÜMA). Das ist keine Aufenthaltstitel, sondern lediglich ein Nachweis, dass sich die Person nicht illegal im Land aufhält. In der BÜMA ist eine Aufnahmeeinrichtung festgelegt, bei der sich der Asylsuchende spätestens innerhalb von einer Woche melden muss (vgl. § 20 AsylG). Die Aufnahmeeinrichtung sichert den Flüchtlingen Unterkunft, Versorgung und medizinische Betreuung. Die Meldung als Asylsuchender ist nicht zu verwechseln mit dem Asylantrag.

3.2 Asylantrag stellen – Aufenthaltsgestattung
Der Asylantrag muss persönlich und fristgerecht bei einer der Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt werden. Das BAMF ist zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens. Zuerst werden die Asylanträge nach dem Dublin-Verfahren auf die Zuständigkeit des jeweiligen Staates für den Asylsuchenden geprüft. Liegt die Zuständigkeit in Deutschland, prüft und entscheidet das BAMF die Flüchtlingseigenschaft des Antragstellers.

Um das Verfahren nicht zu gefährden, ist es wichtig, am angegebenen Aufenthaltsort stets erreichbar zu sein und die oft geringen Fristen einzuhalten. Nach Antragstellung erhalten Asylbewerber gemäß § 63a AsylG eine Aufenthaltsgestattung. Auch das ist noch keine Aufenthaltstitel, sondern lediglich die Bescheinigung eines legalen Aufenthaltes, um das beantragte Asylverfahren durchführen zu können.

Die Aufenthaltsgestattung sichert vor Abschiebung. Die Flüchtlinge sind bis zu sechs Monaten in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Es besteht Residenzpflicht am zugewiesenen Wohnort. Leistungen können nur nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten werden. Die Zustimmung zur Erwerbstätigkeit ist eingeschränkt und bedarf der Genehmigung durch die Ausländerbehörde (ABH). Möglich sind gemeinnützige Tätigkeiten für 0,80 €/Std. Werden diese Arbeitsgelegenheiten angeboten, müssen sie auch ausgeübt werden, andernfalls drohen Kürzungen der Leistungsbezüge. Die Berufsausbildung wird gefördert. Personen mit guter Bleibeperspektive können bereits Integrationskurse besuchen, sofern freie Plätze zur Verfügung stehen.

3.3 Asylverfahren
Zuerst prüft das BAMF auf Grundlage der Dublin-III-Verordnung, welcher Mitgliedsstaat für den Asylantrag zuständig ist. Liegt die Zuständigkeit in Deutschland, beginnt das eigentliche Asylverfahren (siehe 4. Ablauf des Asylverfahrens). Kernstück ist die persönliche Anhörung. Das Asylverfahren prüft die Flüchtlingseigenschaft des Asylbewerbers und wird mit einem positiven oder negativen Bescheid abgeschlossen. Hier endet auch die Zuständigkeit des Bundesamtes und des Asylgesetzes.

3.4 Asylantrag entschieden – Aufenthaltstitel/Abschiebung/Duldung
Ab jetzt ist das Aufenthaltsgesetz maßgeblich, dass von der örtlich zuständigen Ausländerbehörde (ABH) umgesetzt wird. Sie erteilt bei positivem Bescheid befristete Aufenthaltstitel. Bei negativem Bescheid kann sie die Abschiebung einleiten und durchführen, die drohende Abschiebung durch eine Duldung vorübergehend aussetzen oder gegebenenfalls eine asylverfahrensunabhängige humanitäre Aufenthaltserlaubnis erteilen.

4.1. Antragstellung
Der Asylsuchende stellt seinen Asylantrag persönlich bei einer der Außenstellen des BAMF. Besteht der Wunsch, die spätere Anhörung mit einem speziell geschulten Entscheider für traumatisierte Gewaltopfer durchzuführen, sollte es zu diesem Zeitpunkt beantragt werden.

Bei der Asylantragstellung stellt das Bundesamt eine Aufenthaltsgestattung mit einer Gültigkeit von drei Monaten aus. Diese wird für die Dauer des Asylverfahrens jeweils um sechs Monate verlängert. Auch diese Bescheinigung ist kein Aufenthaltstitel, berechtigt aber zum legalen Verbleib in der Bundesrepublik.

4.2 Dublin-Verordnung
Vor dem eigentlichen Asylverfahren prüft das Bundesamt zunächst die Zuständigkeit für den Asylantrag. Grundlage bildet die Dublin-III-Verordnung, die für ihre Mitgliedsstaaten bindend ist. Zum Dublin-Raum gehören die Staaten der Europäischen Union, Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein. In dieser Zuständigkeitsprüfung wird sichergestellt, dass jeder Asylantrag innerhalb des Dublin-Raums nur einmal bearbeitet wird. Falls bereits in einem Dublin-Staat asylrechtlicher Schutz erteilt wurde, ist eine weitere Asylantragsprüfung in Deutschland nicht möglich. In diesem Fall würde Deutschland ein sogenanntes Übernahmeersuchen an den zuständigen Staat stellen. Stimmt dieser Staat der Überstellung zu, erstellt das BAMF einen entsprechenden Überstellungsbescheid. Der Asylbewerber wird informiert und in einer Anhörung zu möglichen Gründen befragt, die gegen eine Überstellung sprechen könnten.

Gegen diese Entscheidung kann Klage erhoben und ein Eilantrag gestellt werden. Bis zur Entscheidung im gerichtlichen Eilverfahren ist eine Überstellung in den Mitgliedsstaat dann nicht zulässig. Findet die Überstellung nicht innerhalb von sechs Monaten statt, geht die Zuständigkeit wieder auf den übernahmeersuchenden Mitgliedsstaat zurück. Das BAMF koordiniert die Überstellung. Ausländerbehörde und Bundespolizei führen sie durch. Liegt die Zuständigkeit in Deutschland, beginnt das eigentliche Asylverfahren.

4.3 Anhörung durch BAMF (§ 25 AsylG)
Die persönliche Anhörung zwischen einem Entscheider des BAMF und dem Asylsuchenden ist der wichtigste Termin innerhalb des Asylverfahrens. Er bildet die Grundlage für die Entscheidung über die Flüchtlingseigenschaft des Asylsuchenden. Alle Fakten, Daten und Beweise, die hier nicht vorgelegt werden, können zu einem späteren Zeitpunkt kaum noch berücksichtigt werden. Auf dieses Gespräch sollte sich der Asylbewerber gründlich vorbereiten. Verschiedene Hilfsorganisationen bieten dafür ihre Hilfe an.

Die Ladung zur Asyl-Anhörung erhält der Asylbewerber schriftlich mit einem gelben Brief. Wer den Termin zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen kann, sollte das BAMF rechtzeitig schriftlich darüber informieren. Andernfalls drohen eine Einstellung des Verfahrens und eine Ablehnung des Asylantrages.

Bei der persönlichen Anhörung ist ein Dolmetscher anwesend. Er kann vom BAMF gestellt werden oder selbst gewählt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, einen Rechtsanwalt und einen Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) hinzuzuziehen. Bei unbegleiteten Minderjährigen nimmt ihr Vormund teil. Die Teilnahme einer weiteren Vertrauensperson muss vorher vom Bundesamt genehmigt werden.

Für besonders schutzbedürftige Personen, wie unbegleitete Minderjährige, Folteropfer, traumatisierte Flüchtlinge und Opfer sexueller Gewalt und Menschenhandels stehen Sonderbeauftragte zur Verfügung. Das sind speziell geschulte EntscheiderInnen. Wünsche, die Anhörung mit einem geschulten und eventuell gleichgeschlechtlichen Sonderbeauftragten durchzuführen, sollten frühzeitig, am besten gleich bei der Antragstellung mitgeteilt werden.

In der Anhörung müssen alle Gründe, Tatsachen und Umstände der Flucht vollständig vorgetragen werden. Die Asylsuchenden haben während der Anhörung ausreichend Zeit, ihre Fluchtgründe genau zu erklären. Sie schildern ihre Biografie, ihre Lebensumstände und ihren Fluchtweg chronologisch und wahrheitsgemäß. Haben sie Fotos, Dokumente und ärztliche Atteste, sollten sie als Beweismittel vorgelegt werden. Die zu erwartenden Konsequenzen bei Rückkehr in das Herkunftsland, wie Verfolgung, Folter, Haft, Todesstrafe sollten genau beschrieben werden.

Eine Ergänzung zu einem späteren Zeitpunkt ist kaum möglich. Alle Tatsachen, Vorfälle oder Unterlagen, die nicht während der Anhörung vorgetragen oder vorgelegt werden, können gegebenenfalls später weder beim Bundesamt noch in einem gerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden.

Die Schilderungen werden übersetzt, protokolliert und im Anschluss für den Antragsteller rückübersetzt. Er erhält so Gelegenheit, das Gesagte zu ergänzen oder zu korrigieren. Ist aus Sicht des Antragstellers alles richtig und vollständig, wird das Protokoll unterschrieben.

Sollte es während der Anhörung zu Verständigungsproblemen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen, kann die Anhörung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

4.4 Abschluss des Asylverfahrens
Das Asylverfahren endet mit der schriftlichen Entscheidung des Bundesamtes. Es prüft, ob eine der folgenden Schutzformen vorliegt:

• Asylberechtigung nach Artikel 16a GG
• Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG
• Subsidiärer Schutz nach § 4 AsylG
• Abschiebungsverbot nach § 60 V + VII AufenthG

Ist die Asylberechtigung nach Artikel 16a GG nicht gegeben, kann dennoch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Konvention (§ 3 AsylG) erfolgen. Werden weder Asylberechtigung noch die Flüchtlingseigenschaft anerkannt, besteht die Möglichkeit des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Sind alle diese Optionen nicht gegeben, kann jedoch ein nationales Abschiebungsverbot anerkannt werden. Das ist möglich, wenn dem Rückkehrer nach § 60 VII Satz 1 AufenthG im Herkunftsstaat eine „erhebliche, konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit“ droht. Dies können auch Erkrankungen sein, die im Herkunftsland nicht entsprechend behandelt werden können und eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes zur Folge hätten. Personen mit einem nationalen Abschiebungsverbot erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung von einem Jahr. Bei jeder Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung werden der Gesundheitszustand und die Bedingungen im Heimatland erneut geprüft.

Kommt keine der Schutzformen und kein Abschiebungsverbot infrage, wird der Antrag abgelehnt. Die Ablehnung enthält eine Ausreiseaufforderung in einer bestimmten Frist. Wird die Frist nicht eingehalten, droht die Abschiebung.
In der beigefügten Rechtsmittelbelehrung sind die Fristen und Verwaltungsgerichte genannt, bei denen Klage gegen den negativen Bescheid eingelegt werden kann. Wird die Klage fristgerecht eingereicht, kann die Person, solange das Gerichtsverfahren nicht abgeschlossen ist, auch nicht abgeschoben werden.

In den ersten drei Monaten nach der unanfechtbaren Entscheidung des Asylantrags besteht für Asylberechtigte und international Schutzberechtigte ein Anspruch auf erleichterten Familiennachzug, das heißt ohne die sonst üblichen Voraussetzungen der eigenen Lebensunterhaltssicherung und des Wohnraumerfordernisses. Der Antrag muss bei der Ausländerbehörde gestellt werden. Nach der Frist von drei Monaten endet diese Möglichkeit und es ist wieder Ermessensache, ob Lebensunterhaltssicherung und ausreichender Wohnraum als Grundvoraussetzungen angesehen werden.

4.5 Klage vor Verwaltungsgericht gegen ablehnenden Bescheid
Gegen einen negativen Bescheid kann Klage erhoben werden. In der Rechtsmittelbelehrung sind die Fristen und das zuständige Verwaltungsamt angegeben. Bei einer unbegründeten bzw. einfachen Ablehnung beträgt die Frist zwei Wochen. Eine fristgerecht erhobene Klage gegen die unbegründete Ablehnung hat aufschiebende Wirkung. Bis die Verhandlung abgeschlossen ist, darf die klagende Person nicht abgeschoben werden.

Bei einer offensichtlich unbegründeten Ablehnung beträgt die Frist nur eine Woche und hat keine aufschiebende Wirkung. Der Betroffene kann trotz fristgerechter Klage im laufenden Verfahren abgeschoben werden.

Wird die Klage nicht fristgerecht erhoben, gilt in beiden Fällen der Bescheid als bestandskräftig und kann zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr angefochten werden.

Es besteht kein Anwaltszwang, allerdings ist eine anwaltliche Vertretung vor dem Verwaltungsgericht zu empfehlen. Sollten inzwischen neue Informationen und Belege vorhanden sein, die für das Verfahren relevant sind, sollten sie rechtzeitig dem Verwaltungsgericht vorgelegt werden, damit sie bei der Verhandlung berücksichtigt werden können. Asylrechtliche Verfahren sind gerichtskosten- und gebührenfrei. Nicht kostenfrei sind alle anderen Verfahren, die nicht nach dem Asylgesetz verhandelt werden. Kläger sollten sich im Vorfeld gründlich informieren und einen Anwalt hinzuziehen. Für alle kostenpflichtigen Verhandlungen kann Prozesskostenhilfe (PKH) beim Verwaltungsgericht beantragt werden. Voraussetzungen dafür sind, dass die Rechtsangelegenheit Aussicht auf Erfolg hat und der Antragsteller mittellos ist. Dafür reicht eine aktuelle Bescheinigung über den Bezug von AsylbLG-Leistungen aus.

4.6 Weitere Möglichkeiten nach einem unanfechtbaren negativen Asylverfahren
Bei einem negativen Bescheid sollte sofort eine Beratungsstelle oder ein Rechtsanwalt aufgesucht werden, da es neben der Klage noch weitere Möglichkeiten gibt, eine Abschiebung zu verhindern.

Die Ausländerbehörde kann bei verschiedenen Gründen eine Duldung ausstellen. (siehe 6. Duldung).

Es können erneute Schutzanträge, wie Asylfolgeantrag oder Wiederaufgreifensantrag gestellt werden. Ein Asylfolgeantrag gemäß § 71 AsylG ist nur dann sinnvoll, wenn sich die Sach- oder Rechtslage dahin gehend geändert hat, dass nun ein Schutzstatus erreichbar ist. Neue Situationen im Herkunftsland, der Person, geänderte Rechtsprechung oder neue Beweismittel können eine Neubewertung ermöglichen. Der Asylfolgeantrag muss innerhalb von drei Monaten nach Eintreten der neuen Situation gestellt werden.

Weiterhin können nationale Abschiebungs- und/oder Vollstreckungshindernisse erzielt werden und Anträge an die Petitionsausschüsse der Landtage oder an die Härtefallkommissionen gestellt werden.

Personen, die selbständig in ihr Herkunftsland oder aufnahmebereite Drittstaaten zurückkehren wollen, können die Hilfe von Rückkehrberatungsstellen in Anspruch nehmen. Die humanitären Hilfsprogramme Reintegration and Emigration Programme for Asylum Seekers in Germany (REAG) und Government Assisted Repatriation Programme (GARP) übernhemen die Reisekosten und geben Starthilfen im Ankunftsland.

5. Bleiberecht/Aufenthaltstitel
Für die aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten sind die jeweiligen Ausländerbehörden zuständig. Die Ausländerbehörde erteilt den sogenannten Aufenthaltstitel. Erst der Aufenthaltstitel berechtigt zu einem legalen längerfristigen Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland. Es gibt vier verschiedene Aufenthaltstitel, zeitlich befristet und mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten verbunden sind. Jeder Aufenthaltstitel muss erkennen lassen, ob eine Erwerbstätigkeit erlaubt ist. Meist ist in der Aufenthaltsgenehmigung die Nebenbestimmung „Erwerbstätigkeit gestattet“ eingetragen. Sollte Vermerk fehlen, sollte sich der Inhaber der Aufenthaltsgenehmigung wieder an die Ausländerbehörde wenden. Sie sind zu diesem Eintrag verpflichtet. Erwerbstätigkeit umfasst sowohl die unselbstständige, im Sinne eines Angestelltenverhältnisses, als auch die selbstständige Tätigkeit.

5.1 Aufenthaltserlaubnis
Anerkannte Flüchtlinge mit Asylberechtigung und Flüchtlingsschutz erhalten für drei Jahre eine Aufenthaltserlaubnis. Die Aufenthaltserlaubnis für subsidiär Schutzberechtigte ist zunächst auf ein Jahr befristet, kann aber um zwei Jahre verlängert werden. Flüchtlinge mit nationalem Abschiebungsverbot erhalten ebenfalls eine befristete Aufenthaltsgenehmigung von einem Jahr, die verlängert werden kann.

Anerkannte Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis sind deutschen Arbeitnehmern gleichgestellt. Sie können sich selbst eine Arbeit suchen, sich arbeitslos melden und die Förderangebote der Bundesagentur für Arbeit annehmen. Sie haben auch ein Recht auf Sozialhilfe/ALG II (§ 7 SGB II) und sowohl das Recht auf einen Integrationskurs als auch die Verpflichtung zur Teilnahme (§ 44 AufG). Wenn Arbeitslosengeld I oder II bezogen wird, besteht die Pflicht, sich Arbeit zu suchen. Die Arbeitsagentur bzw. das JobCenter kann die Leistungsempfänger verpflichten, sich auf konkrete Stellen zu bewerben und an Bewerbungstrainings oder bestimmten Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen.

5.2 Niederlassungserlaubnis
Eine Niederlassungserlaubnis erhalten nur Personen, die in der Regel seit fünf Jahren eine Aufenthaltserlaubnis haben. Die Niederlassungserlaubnis ist zeitlich unbefristet. Voraussetzung für die Erteilung sind ausreichende Deutschkenntnisse und der Nachweis, den eigenen Lebensunterhalt und den der Familie eigenständig bestreiten zu können. Vorbestrafte erhalten keine Niederlassungsgenehmigung. Für hoch qualifizierte Einwanderer kann die Niederlassungserlaubnis auch früher ausgestellt werden.

5.3 Erlaubnis zum Daueraufenthalt EU
Wie die Niederlassungserlaubnis berechtigt auch der Titel Daueraufenthalt – EU zum unbefristeten Aufenthalt einschließlich der Erwerbstätigkeit. Zusätzlich zur Niederlassungserlaubnis ist hier auch die Mobilität innerhalb der EU gestattet.

5.4 Blaue Karte EU
Die Blaue Karte EU ist für Angehörige aus nicht EU-Staaten, die für eine hoch qualifizierte Erwerbstätigkeit nach Deutschland kommen. Voraussetzungen sind ein in Deutschland erhaltener oder anerkannter Hochschulabschluss und ein Arbeitsvertrag mit einem Mindestbruttolohn.

6. Duldung
Eine Duldung bedeutet eine vorübergehende Aufhebung der geplanten Abschiebung. Die Ausländerbehörde regelt während der Duldung den Aufenthalt von ausreisepflichtigen Personen. Eine Duldung ist kein Aufenthaltstitel. Sie bescheinigt dem Inhaber lediglich, dass er sich legal im Land aufhält.

6.1 Duldungsgründe
Folgende Gründe können trotz negativem Bescheid zu einer Duldung führen:
Anspruchsduldung
Die Abschiebung ist nicht möglich wegen fehlender Transportmöglichkeiten, ungeklärter Identität und nicht vorhandener Papiere oder Reiseuntüchtigkeit.
Zeugenduldung
Die abzuschiebende Person wird als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren gebraucht.
Ermessensduldung
Liegen dringende humanitäre oder persönliche Gründe vor, die die Anwesenheit notwendig machen, kann die Abschiebung verschoben werden. Dies kann die notwendige Pflege Verwandter sein, aber auch eigene gesundheitliche Probleme.
Ausbildungsduldung
Wer eine Ausbildung begonnen hat, erhält so die Möglichkeit, sie zu beenden.
Duldung bei einem formalen Abschiebungsstopp durch die Länderinnenministerien (LMI)
Bei Kriegs- und Krisensituationen im Herkunftsland kann die Abschiebung ausgesetzt werden.
Duldung für Eltern von gut integrierten Minderjährigen
Eltern und minderjährige Geschwister von Kindern mit Aufenthaltsgenehmigung erhalten bis zu deren Volljährigkeit eine Duldung.

Die Duldung erlischt mit dem Wegfall des Erteilungsgrundes und der Ausreise.

6.2 Rechte und Pflichten während der Duldung
Geduldete Personen haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG). Sie können Sozialleistungen nur nach Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) beziehen. Das sind in der Regel Sachleistungen und geringe Bargeldbeträge.

Geduldete Personen unterliegen der sogenannten ‚Wohnsitzauflage‘ und Residenzpflicht. Das heißt, sie dürfen ihren Wohnort nicht frei wählen und auch nicht straffrei verlassen. Sollten nahe Familienmitglieder bereits im Bundesgebiet wohnen, muss die Familienzusammenführung zwischen Ehepaaren sowie zwischen Eltern und minderjährigen Kindern ermöglicht werden. Auf einen Familiennachzug haben sie allerdings kein Recht. Die Wohnsitzauflage entfällt, wenn Geduldete ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können.

Integrationskurse dürfen besucht werden, wenn freie Plätze vorhanden sind. Praktika, Qualifizierungen und Berufsausbildung sind möglich, der Zugang zum Arbeitsmarkt ist aber reguliert. In den ersten drei Monaten besteht kein Zugang zum Arbeitsmarkt. Nach den drei Monaten muss die Ausländerbehörde in die Aufenthaltsgestattung die Nebenbestimmung „Beschäftigung nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet“ eintragen. Damit erhalten Geduldete einen nachrangigen Arbeitsmarktzugang.

7.1 Unterstützung zum Lebensunterhalt
Verantwortlich für die Erbringung der Grundsicherungsleistungen sind die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die kommunalen Träger, also die Kreise und kreisfreie Städte. Als einzige Ansprechstelle, die verschiedenen Zuständigkeiten bündelt, wurden die Jobcenter geschaffen. Stellt das Jobcenter fest, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller nicht erwerbsfähig ist, geht die Zuständigkeit gegebenenfalls an das für den Wohnort zuständige Sozialamt über, das dann über die Gewährung von Arbeitslosengeld II (ALG II) entscheidet. ALG II, auch Hartz IV, Sozialhilfe oder Sozialgeld genannt, sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), die erwerbslose Personen ohne Vermögen erhalten. Auch Erwerbstätige oder Bezieher von Arbeitslosengeld, deren Einnahmen unter dem Existenzminimum liegen, haben einen Anspruch auf ALG II.
7.2 Unterkunft/Wohnung
Die ersten drei Monate müssen in der zugewiesenen Aufnahmeeinrichtung verbracht werden. Mit der Anerkennung der Asylberechtigung haben Flüchtlinge auch ein Recht auf eine eigene Wohnung. Auf dem freien Wohnungsmarkt, der sich im Internet und in Zeitschriften durch Anzeigen präsentiert, können Wohnungen oder Häuser gefunden, besichtigt und gemietet werden.
7.3 Gesundheitsfürsorge
Das zuständige Bundesministerium für Gesundheit bietet für Asylsuchende einen Ratgeber zu allen relevanten Themen rund um die Gesundheitsvorsorge in fünf Sprachen an.

In Deutschland basiert die medizinische Versorgung auf der Krankenversicherung. Da Flüchtlinge zunächst nicht krankenversichert sind, übernehmen staatliche Stellen, wie das Sozialamt oder das Gesundheitsamt die Kosten für die gesundheitliche Versorgung im Falle einer akuten Erkrankung, bei Schmerzen und bei Schwangerschaft. Kinder, Schwangere, Gewaltopfer und Menschen mit Behinderung gelten als besonders schutzbedürftig und werden in ihren medizinischen Bedürfnissen besonders berücksichtigt.
Medizinische Unterlagen, wie Untersuchungsergebnisse, Impfausweis und Mutterpass, sollten für spätere Behandlungen aufbewahrt werden.

Je nach Bundesland erhalten Flüchtlinge einen Behandlungsschein oder eine elektronische Gesundheitskarte.

Auch Hilfsorganisationen, wie das Deutsche Rote Kreuz, Caritas, Malteser Hilfsdienst, Diakonie und andere, bieten besonders in den Aufnahmeeinrichtungen medizinische Versorgung an. In den Aufnahmeeinrichtungen erfolgt auch eine gesetzliche Erstuntersuchung. Sie soll verhindern, dass sich ansteckende Krankheiten ausbreiten. Wer kein Impfausweis besitzt, bekommt einen. Für ihre Kinder erhalten die Eltern ein Untersuchungsheft, in dem alle Untersuchungen dokumentiert werden.

Mit der Aufnahme einer Arbeit werden die Krankenkassenbeiträge vom Gehalt abgezogen. In Deutschland unterscheidet man die gesetzliche von der privaten Krankenversicherung. In die privat Krankenversicherung dürfen nur Personen, deren Gehalt über einer bestimmten Einkommensgrenze liegt (2016 56.250 €). Arbeitnehmer und Angestellte unter dieser Einkommensgrenze und über der Geringfügigkeitsgrenze sind Pflichtmitglieder in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Höhe der Beiträge richtet sich nach ihrem Einkommen. Alle Beiträge fließen in den gemeinsamen Gesundheitsfonds der Krankenkassen, die nach einem solidarischen Grundprinzip arbeiten. Das heißt, unabhängig von der Höhe der gezahlten Beiträge erhalten alle Versicherten die gleichen, medizinisch notwendigen Leistungen. Die gesetzliche Versicherungspflicht in Deutschland sorgt dafür, dass alle Bürgerinnen und Bürger krankenversichert sind und verhindert, dass Erkrankungen und die hohen Behandlungskosten zu Verarmung führen. Kinder und Partner ohne eigenes Einkommen sind als Familienangehörige mitversichert. Sie müssen keine Beiträge zahlen und haben den gleichen Anspruch auf Leistungen wie die beitragszahlenden Mitglieder. Tragendes Prinzip der GKV ist der Solidarausgleich zwischen Gesunden und Kranken, Einkommensstarken und Einkommensschwachen, zwischen Jungen und Alten, zwischen Alleinstehenden und Familien.

Bei gesundheitlichen Problemen suchen sie einen niedergelassenen Arzt auf. Das ist in der Regel ein allgemeiner Arzt, der bei Bedarf eine Überweisung zu einem Spezialisten ausstellen kann. Zahnärzte sollten mindestens einmal pro Jahr zur prophylaktischen Untersuchung aufgesucht werden. Wer jährliche Zahnarztbesuch nachweisen kann, erhält später Zuschüsse für Zahnprothesen. Die Besuche werden im sogenannten Bonusheft protokolliert.

7.4 Als Familie leben
Familiennachzug
Familiennachzug umfasst nur Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, minderjährige, ledige Kinder bis zur Vollendung des 16. bzw. 18. Lebensjahres. Geregelt sind die ausländerrechtlichen Ansprüche auf Familiennachzug in den §§ 27-36 des Aufenthaltsgesetzes. Im Gegensatz zu anderen Drittstaatsangehörigen sind Asylberechtigte, GFK-Flüchtlinge und subsidiär Geschützte in einigen Bereichen privilegiert. Erfolgt der Antrag auf Familiennachzug innerhalb von drei Monaten nach der unanfechtbaren Entscheidung des Asylverfahrens, ist bei diesen drei Gruppen zwingend von der Lebensunterhaltssicherung und dem Wohnraumerfordernis abzusehen (§ 29 Abs. 2 Satz2 AufenthG). Die nachziehenden Ehepartner müssen keine Deutschkenntnisse vorweisen, sofern die Ehe bereits bei der Einreise des Schutzberechtigten bestand (§ 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AufenthG). Für diese drei Gruppen gilt der Kindernachzug bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 32 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Bei den anderen humanitären Aufenthaltserlaubnissen gilt beim Kindernachzug das 16. Lebensjahr. 16- und 17-jährige Kinder können dann im Rahmen des Familiennachzuges nur noch legal einreisen, wenn sie die deutsche Sprache beherrschen oder eine günstige Integrationsprognose vorweisen können.

Für subsidiär Schutzberechtigte, denen nach dem 17.3.2016 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, wurde der Familiennachzug bis zum 16.3.2018 ausgesetzt. Erst danach dürfen sie wieder einen Antrag auf Familiennachzug stellen.

Kinderbetreuung
Kinder im Vorschulalter können in Deutschland in Kindertagesstätten (KiTa), auch Kindergärten genannt, betreut werden. Grundsätzlich besteht auch für Kinder von Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nach § 24 des SGB VIII. Die Kinder beider Gruppen sind gleichgestellt. Einzige Voraussetzung ist, dass Kind und Eltern mindestens seit drei Monaten ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland gelebt haben. Im letzten Kita-Jahr vor dem Schuleintritt besteht zudem die Verpflichtung, die Sprachlernangebote der Kitas anzunehmen, damit eine vernünftige Einschulung möglich sein kann. Der Kita-Besuch wird nach den Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) finanziert.

Schwangerschaft
Werdende Mütter haben einen Anspruch auf Betreuung durch eine Hebamme oder eine Ärztin oder einen Arzt während der Schwangerschaft und nach der Geburt. Kontrolltermine bei einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt sind alle vier Wochen und ab der 32. Schwangerschaftswoche sogar alle zwei Wochen empfehlenswert. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten der Schwangerschaftsvorsorge.

Schwangere Frauen in Notsituationen können sich beraten lassen. Rund um die Uhr steht unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 4040020 das mehrsprachiges Hilfetelefon „Schwangere in Not” zur Verfügung.

Auch die Bundesstiftung „Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens“ hilft schnell und unbürokratisch durch ergänzende finanzielle Unterstützung in Verbindung mit individueller Beratung. Schwangere Frauen in Notsituationen können Stiftungsmittel beantragen, wenn ihre finanziellen Mittel nicht ausreichend sind, die Ausgaben durch Schwangerschaft, Geburt und die anschließende Pflege und Erziehung des Kindes selbst zu bestreiten.

Elterngeld
Werdende Eltern, die berufstätig sind, haben Anspruch auf Elternzeit und Elterngeld. Bis zum dritten Geburtstag des Kindes können Mütter und Väter allein oder gemeinsam Elternzeit nehmen. Der Arbeitsplatz bleibt bestehen und darf vom Arbeitgeber nicht gekündigt werden. Auch Großeltern haben einen Anspruch auf Elternzeit, wenn der Elternteil noch minderjährig ist oder sich in einer Ausbildung befindet, die aufgenommen wurde, als der junge Elternteil noch minderjährig war. Den Antrag auf Elternzeit muss bis spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit beim Arbeitgeber eingereicht werden. Nach der Elternzeit muss der Arbeitgeber einen gleichwertigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen.

Während der Elternzeit darf nicht mehr als 30 Wochenstunden gearbeitet werden. Das Elterngeld beträgt rund zwei Drittel des bisherigen Einkommens, mindestens jedoch 300 und höchstens 1.800 Euro. Die Höhe des Elterngeldes kann mit dem Elterngeldrechner ermittelt werden. Auch wer vor der Geburt keine Arbeitsstelle hatte, kann Elterngeld erhalten. Voraussetzung ist eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis, die zur Erwerbstätigkeit berechtigt.

Kindergeld
Eltern haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ihrer Kinder Anspruch auf Kindergeld. Voraussetzung ist, dass das Kind in Deutschland, einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat, für den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum gilt, wohnt. Befindet sich das Kind nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Ausbildung oder hat ein Studium aufgenommen, verlängert sich der Anspruch auf Kindergeld bis zum 25. Lebensjahr. Die Höhe des Kindergeldes beträgt seit 2016 für die ersten beiden Kinder je 190 €, für das dritte Kind 196 € und für jedes weitere Kind 221 €. Kindergeld muss bei der Familienkasse der Agentur für Arbeit beantragt werden. Anerkannte Flüchtlinge haben einen Anspruch auf Kindergeld. Während des laufenden Asylverfahrens besteht noch kein Anspruch auf Kindergeld. Der Antrag auf Kindergeld sollte erst nach dem positiven Bescheids des BAMF bei der Familienkasse beantragt werden. Alleinstehende Kinder, die ihre Eltern verloren haben oder deren Aufenthalt nicht kennen, können für sich Kindergeld beantragen.

Kinderzuschlag
Familien mit geringem Einkommen werden zusätzlich mit dem sogenannten Kinderzuschlag unterstützt, vorausgesetzt:
– die Kinder sind ledig, unter 25 Jahre alt und leben im Haushalt der Eltern,
– Einkommen und Vermögen sichern zwar das Existenzminimum der Eltern, aber nicht das der Kinder.
– die Eltern haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II.

Auch der Kinderzuschlag muss bei der Familienkasse der Agentur für Arbeit beantragt werden. Antragsformulare für Kindergeld und Kinderzuschlag stellt die Familienkasse online zur Verfügung.

Bei Erziehungsproblemen und familiären Problemen stehen viele Beratungsstellen und das Elterntelefon des Bundesfamilienministeriums zur Verfügung. Der Familien-Wegweiser des Bundesfamilienministeriums gibt einen informativen Überblick.

7.5 Integration/Sprachkurse
Integration bedeutet die Eingliederung der Flüchtlinge in die Gesellschaft des aufnehmenden Landes. Sie kann in vier Dimensionen unterschieden werden. Die kulturelle Integration erfolgt durch den Erwerb von Sprache, Wissen und Fähigkeiten und das Kennenlernen der neuen Kultur. Zu wissen, durch welche Werte sie geprägt ist, welche Geschichte das Land hat, wie das soziale Miteinander funktioniert, erleichtert die Integration. So ist es in Deutschland zum Beispiel üblich, Termine einzuhalten, pünktlich zu erscheinen und gegebenenfalls abzusagen. Alles andere wird als unhöflich empfunden. Durch die Teilnahme an Bildung und Arbeitsmarkt entsteht eine strukturelle Integration. Soziale Beziehungen mit den neuen Mitbürgern ermöglichen eine soziale Integration. Die höchste Stufe der Integration spielt sich auf einer emotionalen Ebene ab, wenn sich die neuen Bürger zur Gesellschaft zugehörig fühlen und sich mit ihr identifizieren.

Die Sprache spielt sicher die wichtigste Rolle für die Integration. Sie ist der Schlüssel für jegliche Kommunikation und Voraussetzung für eine aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt und dem gesellschaftlichen Leben.

Integrationskurse umfassen einen Orientierungskurs von 100 Unterrichtsstunden und einen Sprachkurs von 600 Unterrichtsstunden. Die Integrationskurse werden vom Staat finanziert, müssen aber vom Asylsuchenden beantragt werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellt Merkblätter in verschiedenen Sprachen und Anträge online zur Verfügung.

Der Orientierungskurs informiert über Leben, Kultur, Geschichte und Rechtsordnung in Deutschland. Der Sprachkurs ist praxisbezogen aufgebaut, um möglichst schnelle Selbstständigkeit im Umgang mit Behörden und im alltäglichen Leben zu vermitteln.

Für Analphabeten, aber auch Frauen, Eltern und Kinder werden spezielle Sprachkurse angeboten, die 1000 Stunden umfassen. Wer besonders schnell lernt, kann einen Intensivkurs besuchen, der auf 430 Stunden reduziert ist. Welcher Kurs am besten geeignet ist, wird zu Beginn mit einem Test festgestellt. Die Sprachkurse sind praxisbezogen auf das alltägliche Leben ausgerichtet, um eine schnelle Integration zu fördern.

7.6 Praktikum, Ausbildungs- oder Arbeitsrecht
Während des Besuchs einer deutschen Schule besteht die Möglichkeit, ein Praktikum zu absolvieren. Wer unsicher bei der Berufswahl ist, kann sich in den Berufsinformationszentren (BIZ) der Agenturen für Arbeit über die verschiedenen Berufe informieren. Das Praktikum findet in einem Betrieb statt und gibt einen Einblick in den Beruf.

Nach erfolgreichem Schulabschluss kann eine Ausbildung gemacht werden oder ein Studium absolviert werden. Die Ausbildung kann finanziell gefördert werden durch Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) und Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

Nach der Ausbildung kann in Eigeninitiative ein entsprechender Arbeitsplatz gesucht werden oder es können die Vermittlungsangebote der Bundesagentur für Arbeit genutzt werden. Voraussetzung ist, sich dort arbeitssuchend zu melden. Arbeitgeber erwarten eine schriftliche Bewerbung mit Anschreiben, Lebenslauf und Qualifikationen. Eine Kostenübernahme für Bewerbungen und Vorstellungsgespräche kann bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden.

Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind mit Ausbildung höher und für qualifizierte, gut bezahlte Arbeitsstellen Voraussetzung. Wer bereits eine Schul- und Berufsausbildung in seinem Herkunftsland abgeschlossen hat, kann sich die Abschlüsse im sogenannten Anerkennungsverfahren anerkennen und beglaubigen lassen. Weitere Informationen zum Thema sind unter www.anerkennung-in-deutschland.de abrufbar.

Neben der Arbeit als Angestellter existiert auch die Möglichkeit einer Selbständigkeit. Wer arbeitslos ist und eine Existenzgründung beschließt, kann bei der Agentur für Arbeit einen Gründungszuschuss beantragen.